Kleiner Neujahrsspaziergang durch den Tiergarten. Die Siegesgöttin glänzt unbeirrt durch die dämmernde Luft. Gute Vorsätze müssen sich nicht um eine Rangfolge streiten. Ich habe keine. Komisch wenn ein neues Jahr anfängt, unschuldig und in Kälte geboren. Wir müssen miteinander warm werden.
Ich suche einen Weg aus dem Stadt-Park und entdecke „Das Stue“ mit wehenden blauen Fähnchen am Treppenportal. “Das Stue”, auf dänisch Wohnzimmer, ein einladendes Hotel in der ehemaligen dänischen Botschaft. Neue Orte, die noch nicht gesehen, den Zauber des ersten Moments haben.
Durch die Eingangshalle hindurch, unter leuchtendem Lampenhimmel, freundliche Worte, einen Platz auf dem Sofa vor der Bar, ein Blick aus dem Aquarium-Fenster ins afrikanische Gehege des Berliner Zoo, ein Strauss läuft vorbei, heiße Schokolade, Zeitschriften, Klaviermusik, Berlin und der Januar scheinen vergessen.
Ich fühle mich wie zu Hause, der Barkeeper fragt: „Soll ich die Rechnung auf ihre Zimmernummer schreiben?“ Ich denke warum nicht, zahle trotzdem, gehe das weitläufige Treppenhaus hinauf, an minimalistische Hochzeits-Patisserie erinnert es mich.
An den Wänden Mode-Fotografien aus den 50er und 60er Jahren von Richard Avedon oder Frank Horvat, entdecke ich die Bibliothek.
Das Interior in nordischer Schlichtheit und gekonnten Akzenten, blättere in Kunstbänden, vertiefe mich in die Filmografie von Ingmar Bergman, greife nach dem Tischtelefon, bestelle noch einen Tee mit braunem Kandiszucker.
Die Baumkronen wiegen im Wind und denke: Ach, wie wundervoll.
Das Stue
Drakestraße 1
10787 Berlin-Tiergarten
(photos © hannes hametner)