„In dieser Stadt kann man sich verlieren, aber auch selbst finden“, sagte David Bowie über Berlin. Mit der heute im Martin-Gropius-Bau eröffneten Ausstellung kommt der Mythos einer Generation zurück an den Ursprung seiner Berliner Zeit, wo er Ende der 70er Jahre lebte.
Immer wenn ich einen David Bowie Song höre, dreht sich die Welt anders, erinnert mich an die Ostberliner Jugend, an die Erzählungen vom Konzert am Reichstag 1987, an mitgeschnittene Kassetten, die explosive Mischung erster Liebe und das es nicht sein kann, schon gar nicht in der geteilten Stadt. David Bowie hat Sehnsucht geweckt, dass wir es beweisen wollten, Helden für einen Tag zu sein, der die Ewigkeit bedeuten könnte.
Kurz gesagt, ich war emotional, als ich mir die Ausstellung, die vom Victoria and Albert Museum aus London kuratiert wurde, angesehen habe. Mehr als 300 Objekte audiovisuell zusammengestellt: Fotografien, Bühnenkostüme, handgeschriebene Songtexte mit blauer Tinte auf kariertem Papier, Video-Mitschnitte, Zeichnungen und immer wieder seine Songs, lassen einen in die David Bowie Welt eintauchen, die keine Grenzen zwischen Mann und Frau, Kunst, Träumerei und Flucht zu kennen scheint.
Auf dem Audio-Guide begleiten einen Songs und Interviews. So erfährt man zum Beispiel, dass er nicht viel von Psychiatern hält, er glaubte, dass es einem nach einer Behandlung meist schlimmer geht als vorher. David Bowie selbst hatte Angst vor psychischen Erkrankungen, da es in seiner Familie zu viele davon gab und dass er sehr glücklich darüber war, Künstler zu sein, der Kelch an ihm vorüber gehen würde.
Man sieht die Zeugnisse vom Anfang seiner Karriere als junger Londoner David Robert Jones, der sich gern intellektuelle Bücher kaufte, um sie in der Jackentasche in der U-Bahn zu zeigen, sie final aber doch alle gelesen hat.
David Bowie versuchte ein Mann der Revolution zu sein, wie er sagt, genauso wie er an Zufälle glaubt: „Wenn einige Dinge anderes gelaufen wären, hätte ich auch Elton John gewesen sein können.“ Zufälligkeit mochte er auch beim Schreiben seiner Song-Texte. So benutzte er in den 90er Jahren einen Verbasizer, ein Programm das Sätze und News willkürlich in Einzelteile zerlegt und neu zusammensetzt.
Großartig den jungen David Bowie in der TV-Sendung „Top of the Pops“ (1972) mit dem Song „Starman“ zu sehen, mit roten Haaren und seinem von Stanley Kubricks Film „Clockwork Orange“ inspiriertem Kostüm.
David Bowie ein Künstler, der sich von der Vergangenheit und utopischen Visionen genauso wie vom normalen Leben beeinflussen ließ und lässt, neue Figuren erfand, mit ihnen auf Reisen ging und uns mitnahm. Mode, Theater, Malerei fließen zu dem Kaleidoskop des Chamäleons der Musikgeschichte zusammen. Seine Korrespondenz mit Marlene Dietrich, 1978 drehten sie den Film „Schöner Gigolo, Armer Gigolo“, ist erstmalig zu sehen.
Für die Figur des Ziggy Stardust ließ er sich u.a. von einem Vogue-Cover inspirieren, genauso wie vom avantgardistischen Kabarett der 20er Jahre für „Saturday Night Live“ (1979).
Und natürlich David Bowie in Berlin. Berlin, die Stadt, wohin es ihn 1976 aus Los Angels trieb, er seiner Sucht entkommen wollte und doch an einen Ort kam, der mental keine Grenzen kannte, wild und geteilt war. Hier entstand seine „Berlin Trilogy“ mit den Alben „Low“, Heroes“ und „Lodger“. David Bowie interessierte sich für die Weimarer Republik, das Brücke Museum mit den expressionistischen Werken von Erich Heckel und das Berliner Nachtleben. Er mochte es mit Iggy Pop unerkannt unterwegs sein zu können.
Die Malerei half ihm, in Berlin seine Drogensucht zu überwinden: „Erstmals seit Jahren empfand ich Lebensfreude und ein großartiges Gefühl der Befreiung und Heilung.“
Der Audio-Guide brachte mich in dem „Berlin-Raum“ zurück auf meine Reise: „I wish you could swim, Like the dolphins, Like dolphins can swim…“
Still in Love!
DAVID BOWIE
20. Mai- 10. August 2014/ täglich 10.00- 20.00
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstrasse 7
10963 Berlin
TIPP: Unbedingt den Audioguide (im Ticketpreis mit drin) bei dem Besuch nutzen.
(photos © hannes hametner)